Bibliografische Schätze in der Sociedad Económica Amigos del País Málaga
Die Ausstellung 'El Gabinete de las Maravillas, Códices ilustres (s. VIII-XVI)' zeigt Faksimiles von historischen Buchkunstwerken
BEATRICE LAVALLE | 02.05.24
MÁLAGA. Heilige Schriften wie 'Das Buch der Testamente' aus dem 12. Jahrhundert, botanische und medizinische Leitfaden wie das 'Tractatus de Herbis' aus dem 15. Jahrhundert oder esoterische Literatur wie das 'Buch der Glückseeligkeit' aus dem späten 16. Jahrhundert sind bibliografische Juwelen, die man nun in Málaga bewundern kann. Die Originale dieser illuminierten Handschriften, von denen es oftmals nur wenige Exemplare - von den rein manuell angefertigten häufig nur eine einzige Ausgabe - gibt, werden normalerweise in den großen Bibliotheken unter Verschluss gehalten und sind zumeist nur Forschern zugänglich. Um diese Werke auch dem breiten Publikum bekannt machen, stellt der Verlag M. Moleiro Faksimiles dieser Schätze der Weltliteratur her. Der Verleger, Manuel Moleiro, bevorzugt jedoch den Begriff 'Casi-Original' (Fast Orginal) für diese in limitierter Auflage herausgegebenen Werke, die mit denselben handwerklichen Techniken wie das Original angefertigt wurden. Bei der Herstellung, die oftmals mehrere Jahre in Anspruch nimmt, wird jedes Detail berücksichtigt. So sind nicht nur die taktilen, visuellen und sogar die geruchlichen Qualitäten dem Original zum Verwechseln ähnlich, sondern spiegeln wie dieses die Spuren der Zeit - sei es Vergilbung, Feuchtigkeitsflecken oder ein von einer Motte gefressenes Loch - wider. Es wird mit dem Original identisches Papier oder Pergament und dieselbe Buchbindetechnik benutzt. Für die Einbände, die oftmals aus mit Gravuren verziertem Leder sind, werden spezialisierte Kunsthandwerker engagiert. Zudem wird eine Reihe von Wissenschaftlern beauftragt, Studien über das jeweilige Werk anzufertigen, die anschließend, reich bebildert als Begleitband zu dem Faksimile herausgegeben werden. Die Auflage ist zumeist auf 777 oder 987 Exemplare beschränkt, um eine Verbreitung der Werke zu garantieren, aber dennoch eine gewisse Exklusivität zu bewahren. Einige Exemplare verbleiben in den Bibliotheken, die das Originalwerk beherbergen, was erlaubt, das Faksimile für Ausstellungen zu verleihen, ohne das Original zu gefährden, andere werden von Museen, Institutionen oder Privatpersonen erworben. Unter den Klienten der 'Fast-Originale' befinden sich aber auch Persönlichkeiten wie die spanischen Könige, mehrere Päpste und Präsidenten verschiedener Länder.
Der weniger betuchte Bibliophile kann sich nun im Saal der Sociedad Económica Amigos del País an diesen Werken erfreuen. Im Mittelpunkt der Ausstellung 'El Gabinete de las Maravillas. Códices ilustres (S.VIII -XVI)' steht das 'Traktat von Albumasar' (Liber Astrologiae), eine Zusammenfassung der Sternenmythologien der großen Ziviisationen, die der arabische Astrologe Albumasar im 14. Jahrhundert in einem reich illustrierten Werk vereint hat. Die Astrologie war im Mittelalter in allen Wissenschaftszweigen present und selbst in der Medizin wurde die Position der Himmelsgestirne für Krankheitsprognosen genutzt. Das Werk umfasst die griechischen Sternbilder und Konstellationsdarstellungen, die von orientalischen Kulturen zur Sternenbestimmung geschaffen wurden.
Er ist aber nicht das einzige Highlight der Ausstellung. Hervorzuheben sind auch die Atlanten, die die Sicht der Welt im 16. Jahrhundert illustrieren. Besonders kurios ist der Atlas Vallard aus dem Jahr 1547, der erstmals und das 200 Jahre vor der Entdeckungsreise von Kapitän Cook, die australische Ostküste zeigt. Die Landkarten sind ausgiebig mit Darstellungen von Landschaften, Bewohnern und Flora und Fauna des jeweiligen Landes versehen, wenngleich anzunehmen ist, dass diese Bilder nach von Seefahrern erhaltenen Beschreibungen entstanden sind. Die Menschen auf der Australienkarte weisen keinerlei Ähnlichkeiten zu den australischen Aborigines auf und die dargestellten Tiere gleichen trotz einiger realer Charakteristiken eher Monstern als Lebewesen. Eine weitere Kuriosität dieser Atlanten ist, dass sie, wie es bei den muslimischen Kartografen Brauch war, im Gegensatz zu den heutigen, oben den Süden und unten den Norden zeigen.
Erwähnenswert sind auch das auf Deutsch verfasste alchemistische Traktat 'Splendor Solis' aus dem 16. Jahrhundert, das unter seinen Illustrationen wahre Wunderwerke besizt, die herausragenden Malereien des 'Stundenbuch von Heinrich IV. von Frankreich' oder die naturalistischen Abhandlungen wie etwa das 'Dioskuridesvon Cibo und Mattioli'.
Die Ausstellung kann kostenlos bis zum 18. Mai, montags bis freitags von 11 bis 14 Uhr und von 18 bis 21 Uhr sowie samstags von 11 bis 14 und von 17 bis 21 Uhr in der Sociedad Económica Amigos del País (Plaza de la Constitución 7) besucht werden. Es werden Audioguides auf Spanisch, Englisch und Französisch bereitgestellt.