Wie es charakteristisch für die portugiesische Kartographie der Epoche von Johann III. (Regierungszeit 1521-1557) ist, werden die noch schlecht bekannten Gebiete, die vor allem im östlichen Teil des malaysischen Archipels auftauchen, frei gelassen. Der Verlauf der Küsten des asiatischen Kontinents ist ziemlich zutreffend, doch man bemerkt eine Tendenz zur Verkürzung der Länge, was auf zwei Faktoren zurückzuführen sein kann: einerseits das Fehlen in jener Zeit eines rigorosen Systems zur Messung dieser Koordinate, bestimmt auf der Grundlage der Schätzung der zurückgelegten Entfernungen; andererseits einer nicht gestandenen Absicht mit einem geschäftlichen Interesse, möglichst viele Länder der Hälfte der Welt einzuverleiben, die dem Vertrag von Tordesillas zufolge Portugal zustand.
Wie man von einer von der portugiesischen Kartographie inspirierten Karte erwarten konnte, die insgesamt eine Seekarte ist, beschränkt sich die Toponymie auf die Küste, womit das Binnenland für die Miniaturen verfügbar bleibt. Von den Miniaturen sind diejenigen, die den Kontinentalbereich Asiens abdecken, ziemlich realistisch. In dem wie in der flämischen Malerei blau gehaltenen Hintergrund erscheinen genau wie auf der vorangehenden Landkarte auf Indien, der Indochina-Halbinsel und Australien oder «Java Mayor» Szenen mit offensichtlich eher dekorativer als dokumentarischer Absicht.
Wie gewöhnlich in der portugiesischen Kartographie dieser Epoche erscheinen die kleinen Küstenreliefs, vor allem die unzähligen Flüsse und Ästuare der Küste Indiens unheimlich übertrieben. In den von den Portugiesen am häufigsten aufgesuchten, dicht besiedelten Bereichen, wie etwa Indien, ist die Toponymie praktisch vollständig die einheimische. In den Randgebieten, wie dem Ostrand von Inselindien und China, tauchen mehr portugiesische Ortsnamen auf.
Eine Lagune auf unserer Karte mit Parallele in der portugiesischen Kartographie der Epoche stellt der gesamte Norden der Philippinen dar. Erst nach der spanischen Eroberung (1571) beginnen die Philippinen in ihrer Gesamtheit in der portugiesischen Kartographie zu erscheinen. Die älteste bekannte, korrekte und vollständige Darstellung des Archipels ist die von Petrus Plancius nach dem Vorbild einer Zeichnung von Bartolomau Lasso aus dem Jahr 1582 gedruckte Landkarte. Im Gegensatz zu den Philippinen war das Gebiet der Molukken seit 1514 den Portugiesen sehr gut bekannt. Auf unserer Karte erscheinen die Molukken in Form eines aus fünf Insel gebildeten Rosenkranzes von Nord nach Süd an der Küste von Halmahera oder Gilolo aufgereiht, kurioserweise ohne Ortsnamen.
Luís Filipe F. R. Thomaz
Direktor des Instituts für Orientalische Studien der Portugiesischen Katholischen Universität
(Auszug aus dem Kommentarband Atlas Vallard)