Der Vers 3 von Psalm 84, der sich auf die Erlösung der Sünden Israels und die Bosheit der Menschen bezieht, (V.3,
Remisisti iniquitatem plebis tuae: operuisti omnia peccata eorum.// Hast deinem Volk die Schuld vergeben, all seine Sünden zugedeckt.), kommt der Auswahl der auf den zwei Registern dieser Miniatur angeordneten Bildern am nächsten, obgleich sich die Vorstellung weiter hinten wiederholt, wobei sie auf die von den ersten Menschen erhaltene Strafe abstellt (V. 6,
Nunquid in aeternum irasceris nobis? Aut extendes iram tuam a generatione in generationem?// Willst du uns ewig zürnen, soll dein Zorn dauern von Geschlecht zu Geschlecht?) Daraus folgend zeigt uns das obere Register die Vertreibung Adams und Evas aus dem Paradies, bedroht von einem Engel mit grünem Heiligenschein, der ein Feuerschwert, das zu einem rötlichen Schwert geworden ist, in der Hand hält. Die Sünde der ersten Eltern hat so ihre Konsequenzen. Wir sehen die architektonischen Grenzen eines Paradieses, das als ein Garten definiert ist, in dem das Wachstum des Weinstocks auf kein Hindernis stößt. Die Bäume wachsen ebenfalls an diesem idyllischen Ort, der das Gegenbild zur Wüste oder dem ariden Land darstellt, das im Allgemeinen auf den Bildern vorherrscht. Die Lösung zeigt Berührungspunkte mit dem englischen Teil, in dem das Thema ebenfalls dargestellt worden ist (Folio 1). Im Gegensatz zu dem englischen Atelier, das die Geschlechtsorgane Adams und Evas jeweils mit schwer einzuordnenden Blättern bedeckt, bekleidet die katalanische Malwerkstatt sowohl Adam, der jetzt eine Hacke trägt, als auch Eva, die direkt zur Spinnerin geworden ist, mit einer Talartunika. Nach einiger Zeit und mit anderer Kleidung sehen wir die ersten Erdenbewohner wie sie ihr Tagwerk verrichten. Die Farben ihrer Gewänder haben sie vertauscht. Adam hackt die Erde bereits mit einer kurzen Tunika und die auf einem Felsen sitzende Eva spinnt und kümmert sich um ihre zwei Söhne Kain und Abel. Der Letztgenannte ruht auf ihrem Schoß, eingewickelt noch in die Tücher, die den Säuglingen jegliche Bewegung unmöglich machten, während sein älterer Bruder seine Eifersucht zeigt, womit die Zwietracht zwischen den Menschen ihren Lauf nimmt.
Ferrer Bassa verlegt den Blick auf den Vorgang, den das britische Atelier auf Folio 1 wiedergab, in das Jahr 1300. Auf diese Art bestätigt die Verurteilung zur Arbeit und die Gegenwart der Nachkommen die Verbindung zwischen beiden Teilen des Buchs und die von Ferrer Bassa dem Werk seiner Vorgänger geschenkte Aufmerksamkeit. Die Verbindungen sind ausgesprochen anregend, vor allem, wenn wir noch andere Darstellungen des Themas berücksichtigen, die im Einflussbereich der katalanisch-aragonesischen Krone dazu zwingen, erneut neben anderen Werken die aragonesischen Wandmalereien von Santa María de Sijena (MNAC, Barcelona) zu erwähnen.
Das untere, der Verkündigung gewidmete Register bringt die Öffnung des vorher verschlossenen Wegs, die Erlösung nach dem Sündenfall (V.7, Deus tu conversus vivificavis nos...// Willst du uns nicht wieder beleben...;v.8, Ostende nobis Domine misericordiam tuam: et salutare tuum nobis// sodass dein Volk sich an dir freuen kann). So wird wieder der alte Bezug zwischen Eva und Maria hergestellt, der bereits in Folio 109v angedeutet worden ist. Die zum zentralen Punkt der Fleischwerdung und der Erlösung des Menschen gewordene Gottesmutter gibt der Menschheit die verlorene Würde zurück, dank des Samenkorns, das auf der Erde Frucht trät und mit Christus gleichgesetzt wird (V. 10-14, vor allem über die Fleischwerdung V. 10 Veruntramen prope timetnes eum salutare ipsius: ut inhabitet gloria in terra nostra// Sein Heil ist denen nahe, die ihn fürchten, seine Herrlichkeit wohne in unserem Land), der in der angrenzenden “B”-Initiale (“Benedixisti”) die im Mittelpunkt stehende Miniatur segnet. Der Segen Christi mit einer engelsähnlichen Ausrichtung summiert sich so gleichsam zum Gruß von diesem. Die von Ferrer Bassa entworfene Szene erneuert gleichsam das Thema unter verschiedenen Aspekten. Es bezieht einen dynamischen Engel mit orangefarbenem Umhang mit ein, der gerade auf der Erde angekommen zu sein scheint. Die Terrasse, die sich in dem Gebäude links öffnet, das hinter ihm steht, suggeriert seinen Durchgang und Abstieg an den Ort, wo er sich jetzt befindet, zumal die Holztüren der Wohnung, die in den Innenhof führen, fest verriegelt sind. Als er schließlich in dem Zwischenbereich ist, bringt der Himmelsbote der Jungfrau die Lilien dar und richtet gleichzeitig seine Botschaft an sie. Zwischen ihr und dem Engel liegt ein großes Buch mit angedeutetem Text, das auf einem vollkommen mit besticktem Stoff verhüllten kleinen Möbelstück ruht. Maria, im Haus kniend und gespannt, ist bereit – und sie signalisiert dies mit den geöffneten Händen – einen ausgesprochen aerodynamischen Heiligen Geist, den wir ihrem Angesicht gegenüber sehen, aufzunehmen. In dem selben Haus, allerdings in einem anderen Zimmer, befindet sich der Heilige Josef, bisweilen dargestellt als der Wächter der Verkündigung. Seine Gegenwart bei diesem Thema ist in der Gotik ausgesprochen selten. Zu Zeiten der Romanik findet man jedoch zahlreiche Beispiele für dieses Vorgehen, das in Katalonien beträchtlichen Erfolg hatte. Die Auflösung der Szene führt uns so wieder in die Zeit vor 1200 zurück und erweist sich als sehr singulär, obwohl sie mit anderen verglichen werden kann, denen sie zweifelsohne als Vorbild diente. Trotz der Ähnlichkeiten mit der Verkündigung von Arnau Bassa im Stundenbuch der Maria von Navarra weist die von Ferrer eine einzigartige plastische Bedeutung auf. Ihr graphischer Ansatz ist nüchterner und theoretischer als der seines Sohnes, der immer mehr um dekorative Aspekte und eine bedächtige und anheimelnde Emotivität besorgt war, als um die Wahrscheinlichkeit von räumlichen Situationen, die seinen Vater beschäftigten.