Buch von KÖNIGEN UND KAISERN
Manuel Moleiro hat das Faksimile des Buchs des Ritters Zifar (BnF, Espagnol 36), des ersten auf spanisch verfassten Romans, veröffentlicht. Sich diesem Werk anhand der sorgfältigen uns jetzt vorliegenden Reproduktion zu nähern und die vielen Anregungen für seine Lektüre aufgreifen, die in dem dazugehörigen Kommentarband enthalten sind, lässt uns ausgiebig darüber nachdenken, wie ein Werk im Mittelalter tatsächlich gelesen wurde, wie ein schlichter Abenteuerroman zu einem Erziehungsratgeber oder wie einige Manuskripte zu wahren Schätzen werden konnten.
Das Buch des Ritters Zifar erzählt die Geschichte von diesem und seiner Familie, ab dem Zeitpunkt, zu dem sie, von ihren Missgeschicken entmutigt, das Königreich Tarta verlassen.
Bei ihrer Reise auf der Suche nach einer besseren Zukunft für ihn und die Seinen wird ihn Gott mehrere Male auf die Probe stellen: er muss an der Spitze des Streitheers von Galapia im Kampf mit dem des Grafen von Ephesus beweisen, dass er der beste Feldheer ist und darf auch nicht verzagen, als er sich nach diesem Feldzug von seinen Söhnen Garfin und Roboan und seiner Frau Grima trennen muss. Die ersten verirren sich und die zweite wird von Seeräubern entführt. Zifar hingegen wird seine Missgeschicke mit christlicher Ergebung hinnehmen. In Begleitung eines findigen Bauern wird er sich in das Königreich Menton aufmachen, das einen Krieg gegen seine Invasoren führt und wird allen so gute Qualitäten als General zeigen, dass er den Feind besiegen und zum König ausgerufen werden wird. Dann werden seine Ehefrau und seine Kinder wieder auftauchen, die er vor vielen Jahren verloren hatte. Gott hat seine Sippe auf die Probe gestellt und alle haben diese brillant bestanden und bewiesen, dass sie gute Christen sind. Als jedoch schon alles darauf hindeutet, dass die Geschichte zu Ende geht, beginnt ein neuer Teil der Erzählung. Der jüngere Sohn Roboan gibt sich nicht damit zufrieden, Zweiter zu sein und bittet deshalb seinen Vater um Erlaubnis, genau wie er neue Chancen an anderen Orten auf der Welt zu suchen. Zifar gewährt sie ihm, spricht aber vorher ausgiebig mit seinen Söhnen und gibt ihnen einen vollständigen Leitfaden, wie sie sich in der Welt zu verhalten haben: wie sie die anderen behandeln und die Kirche verteidigen sollen, wie sie Recht sprechen sollen oder wie sie die Verwaltung ihrer Besitztümer überwachen sollen. Am Ende dieses langen erzieherischen Zwischenspiels bricht Roboan zu neuen Abenteuern auf und setzt die Lehren seines Vaters so gut um, dass er es bis zum Kaiser von Tigrida bringt. Erst dann wird er einwilligen, sich mit der Königin Seringa zu vermählen, die ihm ein Reich wie das seines Vaters angeboten hatte.
Dies wäre in Kurzform die Handlung des Buchs des Ritters Zifar. Einige der Episoden, die wir nicht erwähnt haben, gehören jedoch zu den schönsten der spanischen Literatur des Mittelalters. Die Geschichte des Grafen Nason, der sich in eine unheilbringende Fee verliebte, die auf dem Grunde eines Sees lebte, oder die von Roboan und der Kaiserin Nobleza, die in einem Märchenland ein Jahr der Liebe verbringen, wären gute Beispiele.
Dabei ist es nicht dasselbe ein Buch zu Beginn des 21. Jahrhunderts oder im 15. Jahrhundert zu lesen: unsere Lektüre ist leise, während sie im Mittelalter mit lauter Stimme erfolgte; wir lesen individuell, während in früheren Jahrhunderten in der Regel in der Gruppe gelesen wurde; und der Kodex aus Paris hatte vor allem eine besondere ästhetische Anziehungskraft, die eine moderne Transkription, so sorgfältig sie auch sein mag, nicht mehr vermitteln kann: seine untrennbare Einheit aus Text, seiner sorgfältigen Kalligrafie und seinen prächtigen Miniaturen, Glanzstück der gotischen Malerei Kastiliens. Erst jetzt mit der von Manuel Moleiro veröffentlichten Faksimile-Ausgabe können wir diesen Sinnenschmaus nachvollziehen, der bislang ausschließlich Königen und Kaisern vorbehalten war.
Das Manuskript aus Paris besteht aus 192 Folios mit vier Vorsatzblättern am Anfang und Ende. Es ist auf Vitelin-Papier (das erste Folio) und Papier, gerillt und gleichmäßig, in dem gesamten Kodex geschrieben. Seine Folios sind ungefähr 400 x 260 mm groß. Es besitzt zwei Nummerierungen: eine ältere in römischen Zahlen, die ab Blatt 122 (cxxiij) fehlerhaft ist und eine andere moderne, mit Bleistift in arabischen Zahlen angefertigte, die sich beide in der oberen rechten Ecke befinden.
Der Text ist in zwei Spalten geschrieben mit einem Spaltenabstand, der zwischen 15 und 25 mm schwankt. Der Textbereich schwankt ebenfalls in seinen Abmessungen und liegt zwischen 195 x 290 und 200 x 285 mm. Die Schrift ist geschwungen oder frühgotisch, die für im 15. Jahrhundert auf spanisch verfasste Texte gebräuchliche. Er scheint von zwei verschiedenen Schreibern geschrieben worden zu sein, einer bis zu Folio 121 und der andere bis zum Schluss. Die Tinte für den Text hat ihren dunklen Ton bewahrt. Bei den Rubriken und Absätzen wird auch rote Tinte benutzt sowie dunkelviolette nur für die Absätze im Wechsel mit der roten. Die Großbuchstaben am Anfang jedes Kapitels sind gotisch und mit Arabesken und Blumendarstellungen verziert. Für den Schriftkörper benutzt man Goldfarbe auf einer Grundlage von brauner Tinte; für die Dekoration innen himmelblau und bordeaux-rot; und für die Kontur des Buchstabens schwarz.
Der Kodex besitzt 243 wunderbare Miniaturen, makellosen Aussehens und ausgesprochen prächtig verziert, die über den gesamten Text verteilt sind. Ihre Abmessungen schwanken zwischen 120 x 100 mm, wenn sie sich in einer Spalte befinden und 150 x180 mm, wenn sie die ganze Breite des Textbereichs einnehmen. Zweifelsohne ist dies die herausragendste Eigenschaft des Manuskripts, da es dadurch zu einem der schönsten des spanischen Mittelalters wird.
Sein derzeitiger Einband besteht aus nußbaumfarbig gefärbtem Kalbsleder auf Holzdeckeln, die 418 x 280 mm groß sind. Der Buchrücken aus rotem Leder gehört zu einem früheren Einband. Er ist 70 mm breit und auf ihm erscheint mehrfach das Wappen Napoleons I. (ein N mit Kaiserkrone) mit vergoldeten Verzierungen, die Lilien darstellen. Auf dem Rückentitel ist «roman de cifar» zu lesen.
Die Geschichte des Manuskripts selbst könnte andererseits kaum aufregender sein, noch anschaulicher illustrieren, in welchen gesellschaftlichen Kreisen ein so schöner Kodex wie dieser geschätzt werden konnte. Nicht umsonst verbirgt das Buch des Ritters Zifar hinter seinen Abenteuern einen perfekten Leitfaden für die Erziehung von Prinzen und daher kann es auch nicht verwundern, dass wir es immer an ihren Höfen finden. Es wurde ausdrücklich für die Bibliothek von Heinrich IV. von Kastilien abgeschrieben, was den außergewöhnlichen Luxus desselben erklärt. Bei seinem Tod gelangte es an Isabel I., bei der es zum persönlichen Schatz der Königin gehörte. Um das Jahr 1511 gehörte es möglicherweise Charles de Croy, Graf von Chimay, von dem es auf einem Samteinband die Wappenschilder bewahrte. 1526 befand es sich jedenfalls bereits in der Bibliothek von Margarete von Österreich und wenig später 1565 in der von Maria von Ungarn, Schwester des Kaisers Karl V. Von hier gelangte es in die Bibliothek der Herzöge von Burgund, wo es 1577 und 1614 und bis Ende des 18. Jahrhunderts nachgewiesen ist. 1796 kommt es nach Paris. Napoleon bewundert es und nimmt es in die Kaiserliche Bibliothek auf. Dort, was ab 1871 die Französische Nationalbibliothek werden sollte, wird der Kodex bis in die heutige Zeit verbleiben. Das Papier wurde 1947 restauriert und der Einband, der so wie wir ihn beschrieben haben blieb, 1980.
Natürlich konnte ein Manuskript dieser Eigenschaften und mit dieser Geschichte nur mit der größten Detailtreue und einer selten erreichten Genauigkeit reproduziert werden. Bei der Herstellung eines Faksimile ging es nicht nur darum, eine einfache Unterlage zu bieten, auf die eine mehr oder weniger detailgetreue Fotografie jeder Seite gedruckt wird, wie dies die meisten Verlage zu tun pflegen, sondern mit größtmöglicher Treue einen Kodex zu reproduzieren, der durch die Hände von Königen und Kaisern gegangen ist, ein einzigartiges Fragment der Geschichte. Schließlich ein neues, identisches Original zu schaffen. Und hier ist es, wo das große Geschick von Manuel Moleiro dafür sorgt, dass sein Verlag der für diese Arbeit am besten vorbereitetste ist, der einzige, der diese Herausforderung würdig meistern konnte. Seine Bücher ahmen genau das Velin-Papier und Papier nach, den Zuschnitt und die Beschaffenheit der Originalblätter; geben getreu ihre Farben, Hintergründe und Goldtöne wieder; die Einbände und die Vorsätze.
Das Verfahren der Herstellung ist notwendigerweise langsam und gewissenhaft: der Einband des Kodex wird mit allergrößter Vorsicht auseinandergenommen und mit speziell von Herstellern wie Kodak oder Fuji angefertigtem Film fotografiert. Parallel hierzu arbeitet ein Team aus Restauratoren und Fachleuten für Kodikologie und mittelalterliche Miniaturen mehrere Monate lang an der Vorbereitung der Beschreibunterlage, wofür die edelsten und dem Original am nächsten kommenden Materialien ausgewählt werden. Die Zusammensetzung wird Seite für Seite einzeln überprüft, wobei die auf ihr vorhandenen Probleme berücksichtigt werden und in der Regel werden verschiedene Druckverfahren (Offset-, Sieb-, Hoch-, Tiefdruck) kombiniert, bis man die optimale Ähnlichkeit erreicht. Falls vorhanden, werden sogar die Beschädigungen des Kodex reproduziert:Mottenlöcher, Wachsflecken, ausradierte Stellen, Durchlöcherungen… um nicht die Papieretiketten zu erwähnen, auf denen die Anmerkungen jeder Bibliothek aufgeklebt worden sind. Auch der Einband wird bis in die letzte Einzelheit sorgfältig mit einem genauso komplexen Verfahren wie bei dem Buch erarbeitet. Und wenn dies sinnvoll ist, wird jedes dieser Elemente einem Alterungsprozess unterzogen. Eine aufwändige Arbeit wie man sieht bei der die hohen Ansprüche des Fachmanns für mittelalterliche Kunst, die handwerkliche Arbeit und modernste Techniken kombiniert werden. Das Endergebnis ist im Falle des Buchs des Ritters Zifar beeindruckend: es ist schier unmöglich die Kopie von dem Original zu unterscheiden. Deshalb betont Manuel Moleiro gern, dass das Wort „Faksimile“, das von Spezialverlagen so oft missbraucht wird, für ihn zu wenig aussagt, um seine Bücher zu beschreiben: er spricht lieber von „Beinahe-Original“. Doch gegenüber dem einzigen und nicht wiederherstellbaren sowie schwierig in einer weit entfernten Bibliothek einsehbaren Original erscheinen jetzt 987 Exemplare „Beinahe-Originale“ in einer einzigen und nicht wiederholbaren Auflage, nummeriert und mit notariell beurkundeter Echtheitserklärung; 987 Exemplare die ihren 987 Besitzern viel Freude bereiten werden.
Seine gute Arbeit hat sich zum Beispiel in der fantastischen Kollektion illuminierter Manuskripte mit dem Werk des Beatus von Liébana gezeigt, das ihm internationales Ansehen verschafft hat. Unter den jüngsten sind der Kodex von Girona (10. Jahrhundert), der Kodex von Santo Domingo de Silos (11. Jahrhundert), der Kodex von San Pedro de Cardeña (12. Jahrhundert) und der Kodex von San Andrés de Arroyo (13. Jahrhundert) hervorzuheben. Im Mittelalter war es ein Zeichen des Ranges für jedes Kloster oder jeden Hof, der etwas auf sich hielt, ein illuminiertes Exemplar dieses Werkes zu besitzen, doch im Hinblick auf die Akzeptanz, mit der diese neuen Originale von den Freunden der Buchkunst unserer Zeit angenommen werden, gibt es keinen Zweifel mehr, dass sie uns mit ihren schlichten und wunderbaren Miniaturen zu Beginn des 21. Jahrhunderts weiterhin in ihren Bann ziehen.
Dass die bedeutendsten Bibliotheken der Welt mit ihm gearbeitet haben, ist ein Beweis dafür, dass die Arbeit von Manuel Moleiro den höchsten Erwartungen gerecht wird. So gab die Französische Nationalbibliothek die erforderlichen Genehmigungen, damit die Reproduktionen des Buches des Ritters Zifar, die flämische Apokalypse (etwa um 1400) und das Psalterium (in verschiedenen Epochen zwischen 1200 und 1340 entstanden) erstellt werden konnten. Dasselbe taten die Universitätsbibliothek Estense in Modena für das Gebetbuch des Albert von Brandenburg (1534) und die Fundação Calouste Gulbenkian in Lissabon für die prächtige Apokalypse Gulbenkian (13. Jahrhundert). Die angesehene British Library in London genehmigte die Reproduktion einige ihrer geschätztesten Glanzstücke wie des Stundenbuchs von Johanna der Wahnsinnigen (um 1500) und des ausgesprochen kuriosen Golf-Buchs (um 1530). Die Russische Nationalbibliothek in Sankt Petersburg tat ihr möglichstes bei Projekten wie dem Buch des Schatzes von Brunetto Latini (aus dem 14. Jahrhundert), dem Stundenbuch des Ludwig von Orleans (1490) oder dem Buch der Einfachen Heilmittel (15. Jahrhundert), das Karl V. gehört hatte. Doch auch seine Forschungen in weniger bekannten Bibliotheken beweisen seine Liebe zu den Büchern: so erschienen das Buch der Testamente (12. Jahrhundert) der Kathedrale von Oviedo oder die außerordentliche Bibel Ludwigs des Heiligen (13. Jahrhundert) der Kathedralkirche der Metropolitan-Erzdiözese Toledo, zweifelsohne der schönsten und prächtigsten der mittelalterlichen Bibeln. Alle haben ihm ihre Türen geöffnet und ihm erlaubt, mit ihren am besten gehüteten Schätzen zu arbeiten, den Büchern, die unbezahlbar sind. Das Prestige dieser Bibliotheken, die umfassenden Perspektiven des Verlegers seinen Blick auf so unterschiedliche Szenarien zu richten sind eine echte Garantie für die Ernsthaftigkeit und Professionalität bei seiner Arbeit.
Das großartige Faksimile des Buchs des Ritters Zifar wird durch eine Sammlung von Studien über dasselbe begleitet. Zweck dieses eigenständigen Buchs mit 332 Seiten ist es, denjenigen als Leitfaden zu dienen, die in die Geheimnisse des Textes, den sie erworben haben, tiefer eindringen möchten. In diesem Fall sind die Studien unter der Leitung von Francisco Rico von der Königlich Spanischen Akademie zusammengestellt worden, der sein eigenes Forscherteam ausgewählt hat. Diese haben sich jedoch nicht darauf beschränkt, all das, was man über das Buch des Ritters Zifar wusste, zusammenzufassen und in leicht verständlicher Form darzustellen, sondern sie haben sich dem Werk als Forscher desselben gegenübergestellt. Ebenso wie ein Leitfaden ist es ein grundlegendes Buch, um das Werk zu verstehen, da ein Großteil des in diesen Kapiteln enthaltenen Materials unveröffentlicht und für die internationale Wissenschaftsgemeinschaft völlig neu ist.
Der Kommentarband beginnt mit einer «Einladung zur Lektüre des Buchs des Ritters Zifar» von Rafael Ramos, in der die Handlung des Buchs in groben Zügen durchgegangen und in Beziehung zu den verschiedenen literarischen Traditionen gesetzt wird, aus denen sie hervorgeht: hagiografische Erzählungen, weise Literatur klassischer und arabischer Herkunft, fantastische Legenden und vor allem aus den von den Büchern der Arthursage inspirierten Rittererzählungen. Das Endergebnis stellt allerdings kein Ritterbuch wie die sich Jahrhunderte später in Spanien durchsetzenden dar, sondern einen vollständigen Leitfaden für die Erziehung der höfischen Ritter.
«Die Probleme des Zifar» von Juan Manuel Cacho Blecua ist eine gute Zusammenfassung der bislang ihm gewidmeten Studien. Eingehend werden Probleme wie etwa die Datierung des Werks (das vorgibt gegen 1304 geschrieben worden zu sein, obwohl es tatsächlich aus der Mitte des 14. Jahrhunderts stammt) oder das Problem der Urheberschaft (und damit auch die problematische Zuordnung desselben an Ferrán Martínez) erörtert. Es werden ebenfalls seine wichtigsten Quellen und seine Einordnung in das Genre der Rittererzählungen oder seine Beziehung zu anderen kastilischen Werken der Epoche behandelt.
Konkreter wird allerdings das Kapitel von José Manuel Lucía Megías, «Die Zeugnisse des Zifar». In ihm werden die drei erhaltenen Zeugnisse dieses mittelalterlichen Werks vorgestellt: das Manuskript 11309 der Spanischen Nationalbibliothek in Madrid, das Manuskript Esp. 36 der Französischen Nationalbibliothek und die 1512 in Sevilla gedruckte Ausgabe (von der nur zwei Exemplare erhalten sind). Jedes von ihnen (vor allem der Kodex aus Paris, der als Faksimile herausgegeben wird) wird eingehend analysiert, wobei die Bedeutung jedes Zeugnisses für die Textüberlieferung herausgestellt wird.
Bereits sich auf den herausgegebenen Kodex konzentrierend die Studie von Josefina Planas, «Das Manuskript von París: die Miniaturen» widmet sich der Analyse seines hervorstechendsten Merkmals vom Standpunkt einer Expertin der Kunstgeschichte des Mittelalters. Da es sich um ein ausdrücklich für Heinrich IV. angefertigtes Manuskript handelt, ist die Pracht seiner Illumination überschwänglich und stellt dieses Zeugnis des Buchs des Ritters Zifar auf eine Stufe mit den besten spanischen Manuskripten des Mittelalters, ohne weiteres vergleichbar mit den großen Schöpfungen des 13. Jahrhunderts (die Werke der Schreibschule von Alfons X., dem Weisen) oder denen, die später unter der Regentschaft der Katholischen Könige entstehen sollten: den beiden Höhepunkten der kastilischen Miniatur. In diesem exzellenten Kapitel zeigt sich die Seltenheit eines so prächtigen Kodex wie dieses innerhalb eines Panoramas wie dem Kastiliens in den drei ersten Vierteln des 15. Jahrhundert, so wenig den illuminierten Manuskripten zugeneigt und noch weniger, wenn es sich nicht um religiöse Bücher handelte. Zudem zog man für seine Ausführung die Werkstatt der besten Künstler des Hofes hinzu, die der Brüder Juan und Pedro Carrión, die die revolutionärsten vor kurzem aus Flandern angekommenen Techniken beherrschten. An der Spitze einer fähigen Gruppe von Miniaturenmalern, die sich alle durch die formalen Merkmale ihres Stils unterscheiden und erkennen lassen, fertigten sie die Buchillustrationen an, wobei sie sich mit besonderer Aufmerksamkeit einigen sentimentalen Passagen (der Einsamkeit Zifars, der Abenteuer Grimas, der Liebe zwischen Roboan und Nobleza) oder moralisierenden Abschnitten (einige der eingestreuten Märchen) zuwandten, die unter dem Aspekt des Text-Bild-Bezugs meisterhaft analysiert werden.
Carmen Bernis unternimmt in «Das Manuskript von Paris: archäologische Studie» einen kuriosen Streifzug durch die Realien der Miniaturen. So die Kleidung der Männer und Frauen, in denen sich die verschiedenen Moden widerspiegeln, die sich in Kastilien zur Zeit der Entstehung des Kodex gegenüberstanden; der militärische Bereich mit seinen Rüstungen, Verteidigungs- und Angriffswaffen, belagerten Städten und Kriegsmaschinen; die Einrichtung der Häuser mit ihren Möbeln und Schmuckelementen... alles tritt mit der Magie des damals alltäglichen, das wir heute jedoch kaum noch verstehen, vor unsere Augen. Aus dieser gründlichen Analyse gewinnen wir wertvolle Erkenntnisse über die Vergangenheit, die uns kein Dokument hätte vermitteln können: die Miniaturen spiegeln die Wirklichkeit ihrer Zeit mit einer Präzision wider, wie sie kein Historiker jemals hätte erreichen können.
Ein interessanter Epilog von Francisco Rico bildet den Abschluss des Buches.Seine Studie «Zwischen dem Kodex und dem Buch» greift einige der herausragenden Probleme des Zifar im Kontext der europäischen Literatur des Mittelalters auf. So verleihen seine Reflektionen über die Beziehung zwischen dem Text und den ihn illustrierenden Miniaturen oder über den beispielhaften und erbauenden Nutzen des Werks den vorangehenden Seiten zusätzlichen Glanz.
Der Kommentarband beschränkt sich allerdings nicht darauf, den sorgfältig ausgearbeiteten Text dieser sechs Studien anzubieten, sondern ihm ist eine Auswahl der interessantesten und mit den zum jeweiligen Zeitpunkt behandelten Thema im Zusammenhang stehenden Miniaturen beigefügt. Er wird somit zu einer kleinen eigenständigen Perle. Eher als eine Essay-Sammlung über das Manuskript des Buchs des Ritters Zifar, eine bloße Ergänzung des Faksimile, ist es ein prächtiges Kunstbuch, das jeden interessieren wird, der in ihm blättert. Aus all diesen Gründen ist die Herausgabe dieses Faksimiles und seines dazugehörigen Kommentarbands nicht nur eine exzellente Nachricht für diejenigen, die ihre Bibliothek mit einem der prächtigsten Manuskripte des mittelalterlichen Spaniens adeln möchten, sondern auch für diejenigen, die die Literatur dieser Epoche studieren. Wie bereits gesagt fertigt Manuel Moleiro keine mehr oder weniger getreue Reproduktionen an; er erstellt vielmehr ein neues, das von dem ursprünglichen, das Könige und Kaiser in ihren Händen hielten, kaum zu unterscheiden ist. Daher verwundert auch nicht der ungeheure Erfolg einiger seiner früheren Editionen wie der Beatus von Ferdinand I. (aus dem 11. Jahrhundert), das Stundenbuch von Maria von Navarra (aus dem 14. Jahrhundert), das Theatrum Sanitatis, das Martyrologium von Usuardus und das Stundenbuch von Karl VIII. (alle drei aus dem 15. Jahrhundert), die alle bereits vergriffen sind. Deshalb haben einige große Bibliotheken Faksimiles ihrer wertvollsten Bestände bei ihm in Auftrag gegeben: die Forscher können so diese Reproduktioen mit absoluter Zuverlässigkeit benutzen, während die Originaltexte unter perfekten Bedingungen verwahrt werden. Dies ist etwa der Fall bei Theriaka und Alexipharma von Nikandros von Kolophon, einem wunderbaren byzantinischen Kodex aus dem 10. Jahrhundert, der in der Französischen Nationalbibliothek erhalten ist. Daher hat sogar Interpol mehrfach seinen Verlag aufgesucht, um Hilfe bei Nachforschungen über mittelalterliche Kodizes zu suchen.
Deshalb überrascht es nicht, dass die besten Bücherliebhaber Europas Stammkunden bei Manuel Moleiro sind (vom schwedischen König bis zu den einfachen Hochschulprofessoren) und seine Bücher gewöhnlich Geschenke für bedeutende Persönlichkeiten (Seine Heiligkeit Papst Johannes Paul II. oder Seine Königliche Hoheit die Duquesa von Palma sind hierfür ein gutes Beispiel) sind. Es ist immer zu empfehlen, per E-Mail Information (@contactar) über seine Bestände anzufordern oder beim Besuch auf seiner Homepage (www.moleiro.com) in den neuesten Katalogen zu stöbern. Es ist sehr einfach, den besten Faksimile-Verlag der Welt kennenzulernen.
Rafael Ramos ist Professor an der Universität Girona. Er hat zahlreiche Studien über spanische Literatur des Mittelalters und des Siglo de Oro (Goldenes Zeitalter) angestellt, wobei er sich besonders auf das Gebiet der Rittererzählungen konzentriert hat. Aus seinen Publikationen können bis heute hervorgehoben werden: «Amadís de Gaula» (Madrid, 1994), «Tirant lo Blanc», «Lancelot du Lac» und das «Llibre de l’ordre de cavalleria» (Williamsburg, VA, 1995), Folklore und Historiografie in «El caballero del Cisne» (Madrid, 1996) und Lektüre und Leser von Rittererzählungen