Splendor Solis

f. 18r, Sumpfmann und Engel (Tafel 8)


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Auf der linken Bildseite erscheint ein unheimliches Wesen von menschlicher Statur, bis zu den Knien in einem braunen, sumpfigen Gewässer stehend. Sein Kopf, der ein Gesicht andeutungsweise zu erkennen gibt, wirkt wie eine Glaskugel in leuchtendem Dunkelrot. Beine und Oberkörper sind braun-schwarz, während der rechte Arm, den der Sumpfmann an den Körper gelegt hat, rot ist. Den blütenweißen linken Arm hält er mit geöffneter Hand einer engelsgleichen Frau auf der rechten Bildseite entgegen. Die geflügelte Frau steht auf einer Wiese am Rand des Sumpfgebietes und ist in prächtige Gewänder gekleidet: ein helles Gewand mit buntem floralen Muster und aufwendigem goldenen Dekolleté, mit weiten Ärmeln in leuchtendem Gelb und einem blauen Umhang. An den Füßen trägt sie goldene Schuhe und am Hals ein prächtiges goldenes Geschmeide mit roten Rubinen. Auf ihrem Haupt liegt eine goldene Krone mit großem silbernen Stern, ihre Flügel sind mit Pfauenfedern und Perlen geschmückt. In den Händen hält die freundlich blickende Himmelsbotin ein rotes Gewand mit Ärmeln, das sie, wie der zugehörige Text der Handschrift besagt, dem Sumpfmann anlegen wird.

Gustav Friedrich Hartlaub sieht in dieser Miniatur ein Symbol der Fixation, der alchemistischen Operation der Verfestigung flüchtiger Stoffe, die auch mit derjenigen der Coagulation, der Gerinnung, gleichgesetzt wird. Den roten, gläsernen Kopf des Sumpfmanns deutet er als Kolben oder Retorte, während Jacques van Lennep auf das Stichwort „Tête Rouge“ in Pernetys hermetischem Wörterbuch aus dem 18. Jahrhundert verweist, wo dieser anhand verschiedener Beispiele aus alchemistischen Schriften das Symbol des roten Kopfes erläutert. Dem ist hinzuzufügen, dass bereits der spanische Alchemist Arnaldus de Villanova (um 1235-1311) ein vergleichbares Wesen beschreibt, welches das erfolgreiche alchemistische Werk verkörpert. Die Farben Rot, Schwarz und Weiß repräsentieren erneut die drei Hauptfarben der Alchemie, die für die Gesamtheit des Werks stehen: Der dreifarbige Sumpfmann transmutiert vom Zustand der Verfaulung und Verwesung zum so genannten Himmlischen Purpur.

Für die Darstellung der beiden Meerkatzen in der perspektivisch paradoxen Rahmenbasis ist auf Dante zu verweisen, in dessen Göttlicher Komödie der Alchemist sich selbst als „Affen der Natur“ bezeichnet (Inferno 29, 119), ohne dass durch diese Aussage die Funktion der beiden Affen in der vorliegenden Miniatur des Splendor Solis zufriedenstellend bestimmt wäre. Die beiden hier ebenfalls gezeigten Hirsche dagegen stehen in der fast einhundertjährigen Bildtradition der Tierdarstellungen des Spielkartenmeisters. Sie wurden vom Maler des Splendor Solis monumentalisiert und in Seitenverkehrung aufgegriffen.

Jörg Völlnagel
(Kunsthistoriker, Staatliche Museen zu Berlin)


f. 18r, Hombre del Pantano y Ángel

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f. 18r, Sumpfmann und Engel (Tafel 8)

Auf der linken Bildseite erscheint ein unheimliches Wesen von menschlicher Statur, bis zu den Knien in einem braunen, sumpfigen Gewässer stehend. Sein Kopf, der ein Gesicht andeutungsweise zu erkennen gibt, wirkt wie eine Glaskugel in leuchtendem Dunkelrot. Beine und Oberkörper sind braun-schwarz, während der rechte Arm, den der Sumpfmann an den Körper gelegt hat, rot ist. Den blütenweißen linken Arm hält er mit geöffneter Hand einer engelsgleichen Frau auf der rechten Bildseite entgegen. Die geflügelte Frau steht auf einer Wiese am Rand des Sumpfgebietes und ist in prächtige Gewänder gekleidet: ein helles Gewand mit buntem floralen Muster und aufwendigem goldenen Dekolleté, mit weiten Ärmeln in leuchtendem Gelb und einem blauen Umhang. An den Füßen trägt sie goldene Schuhe und am Hals ein prächtiges goldenes Geschmeide mit roten Rubinen. Auf ihrem Haupt liegt eine goldene Krone mit großem silbernen Stern, ihre Flügel sind mit Pfauenfedern und Perlen geschmückt. In den Händen hält die freundlich blickende Himmelsbotin ein rotes Gewand mit Ärmeln, das sie, wie der zugehörige Text der Handschrift besagt, dem Sumpfmann anlegen wird.

Gustav Friedrich Hartlaub sieht in dieser Miniatur ein Symbol der Fixation, der alchemistischen Operation der Verfestigung flüchtiger Stoffe, die auch mit derjenigen der Coagulation, der Gerinnung, gleichgesetzt wird. Den roten, gläsernen Kopf des Sumpfmanns deutet er als Kolben oder Retorte, während Jacques van Lennep auf das Stichwort „Tête Rouge“ in Pernetys hermetischem Wörterbuch aus dem 18. Jahrhundert verweist, wo dieser anhand verschiedener Beispiele aus alchemistischen Schriften das Symbol des roten Kopfes erläutert. Dem ist hinzuzufügen, dass bereits der spanische Alchemist Arnaldus de Villanova (um 1235-1311) ein vergleichbares Wesen beschreibt, welches das erfolgreiche alchemistische Werk verkörpert. Die Farben Rot, Schwarz und Weiß repräsentieren erneut die drei Hauptfarben der Alchemie, die für die Gesamtheit des Werks stehen: Der dreifarbige Sumpfmann transmutiert vom Zustand der Verfaulung und Verwesung zum so genannten Himmlischen Purpur.

Für die Darstellung der beiden Meerkatzen in der perspektivisch paradoxen Rahmenbasis ist auf Dante zu verweisen, in dessen Göttlicher Komödie der Alchemist sich selbst als „Affen der Natur“ bezeichnet (Inferno 29, 119), ohne dass durch diese Aussage die Funktion der beiden Affen in der vorliegenden Miniatur des Splendor Solis zufriedenstellend bestimmt wäre. Die beiden hier ebenfalls gezeigten Hirsche dagegen stehen in der fast einhundertjährigen Bildtradition der Tierdarstellungen des Spielkartenmeisters. Sie wurden vom Maler des Splendor Solis monumentalisiert und in Seitenverkehrung aufgegriffen.

Jörg Völlnagel
(Kunsthistoriker, Staatliche Museen zu Berlin)


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