Eine Reise in den Orient anhand von 101 faszinierenden Miniaturen
Der Kodex besteht aus zwei großzügig illustrierten Werken:
ff. 1-96v: Das Buch von Marco Polo und der Wunder (84 Miniaturen)
ff. 97r-115v: Bruder Odorichs Reisen (17 Miniaturen)
Die 101 von den großen Pariser Meistern der internationalen Gotik erstellten Miniaturen sind eine wunderbare Ergänzung zu den Anekdoten, die sie illustrieren, und unterstreichen den Reichtum der orientalischen Welt.
Die Wunder des Orients, erzählt von dem berühmten Kaufmann Marco Polo
»Wer die reine Wahrheit über verschiedene Weltregionen wissen will, nehme dieses Buch und lese es. Hier finden Sie die großen Wunder, die über das große Armenien, über Persien, die Tataren, Indien und viele andere Provinzen geschrieben wurden.«
So beginnt diese faszinierende Reisebeschreibung des furchtlosen Kaufmanns Marco Polo, die uns mit 84 prächtigen Miniaturen durch die rätselhaften Länder des Orients führt. Zu bedenken ist, dass dieses Buch, das Marco Polo weltberühmt gemacht hat, die erste europäische Beschreibung der gesamten Länder des Orients ist. Dabei verdanken wir seine Entstehung offenbar einem Zufall ... Marco Polo diktierte Rustichello von Pisa seine Reiseerinnerungen im Jahr 1298, während seiner Haft im Kerker von Genua.
Tatsächlich beschreibt Marco Polo das chinesisch-mongolische Reich von Kublai Khan, für den Marco Polo zwischen 1275 und 1290 als ,,Bote" bzw. kaiserlicher Gesandter tätig war. Auf seinen Seiten finden wir eine Vielzahl von Legenden ebenso wie historische, komische oder pikante Geschichten, Berichte über seltsame lokale Bräuche und Bemerkungen über Kultur und Wirtschaft, wenngleich sein Hauptinteresse der Geschichte der Mongolen von Dschingis Khan und dem China von Kublai Khan zu gelten scheint. Er beschreibt ausführlich Cathay und dessen Hauptstadt Cambaluc (Peking), seine Paläste, die Neujahrsfeiern, bei denen sich alle in Weiß kleiden, und die Jagden auf Leoparden, Löwen und Wölfe.
Bruder Odorichs Reisen
Das zweite Werk in diesem Kodex (ff. 97r-115v) ist zwar weniger bekannt, aber nicht weniger bedeutsam. Es erzählt von der Reise des Franziskaners Odorich von Portenau in den Orient, im Rahmen der von Papst Innozenz IV. entsandten Missionen. Der Bericht des Franziskaners ähnelt einem Reisetagebuch, in dem er die Menschen in den besuchten Dörfern und ihre Sitten und Gebräuche beschreibt.
Ein unbezahlbarer Schatz
Der Kodex wurde zwischen 1410 und 1412 für Johannes Ohnefurcht, Herzog von Burgund, angefertigt, wie die ihn schmückenden Wappen und Embleme bezeugen. Im Januar 1413 schenkte es der Herzog seinem Onkel Johann, Herzog von Berry, wie das Exlibris auf einem der Vorsatzblätter zeigt.
»Dieses Buch handelt von den Wundern der Welt, nämlich vom Heiligen Land, vom großen Khan-Kaiser der Tataren und Indien; dieses Buch wurde von Johannes, Herzog von Burgund, seinem Onkel Johann, Sohn des Königs von Frankreich, Herzog von Berry und der Auvergne, Graf von Poitou, Estampes, Boulogne und der Auvergne geschenkt.«
Bei seinem Tod im Jahr 1416 wurde der Kodex auf 125 Pfund von Tours geschätzt.